Freitag, 16. November 2018

Vom Teppich und von Montenegro

Am Donnerstag sah der Reiseplan die Weiterfahrt nach Montenegro vor. Aber vorher sollte noch ein Teppich Zollager in Cjapljina und die autonome Republik Trebinje besucht werden.
Mit dem Zollager hat es Folgendes auf sich: Weil Bosnien Herzegowina so günstige Steuermöglichkeiten bietet, hat sich dort ein größeres Zollager für Teppiche angesiedelt, welches Teppiche aus der ganzen Welt für den Import nach Europa vorbereitet, arme Bosnier beschäftigt und gleichzeitig Natur- und handgefertigte Teppiche zum Schnäppchenpreis anbietet. Bei den Wohltätigkeitsaspekten (Arbeitsplätze und natürliche Fertigung von Hand) konnte Pia nicht widerstehen. Ich war vor allem an den Schnäppchen Preisen interessiert. Wir gingen also bereits in die Verkaufsshow mit diffusen Kaufabsichten. Während der beeindruckenden Präsentation verschlug es mir dennoch die Laune. Dachte ich doch an das Einkauferlebnis vor kurzem in Jodhpur zurück. Pia fand die Teppiche sehr schön.
Ich versuchte zunächst mit tiefem Schweigen, den Kauf zu vereiteln. Ein Verkäufer hatte sich uns an die Fersen geheftet. Bald zog er Teppiche hervor, die Pia begeisterten und auch mir ein anerkennendes „Schön“ entlockten. Irgendwann war mein Widerstand gebrochen. Wir kauften dieses edle handgefertigte Stück aus Usbekistan und aus Naturwolle. Zwar konnte ich den Preis um ein Drittel herunterhandeln, aber es blieb mir das mulmige Gefühl, dass wir viel Zuviel für das Stück bezahlt haben.

Immerhin, Pia strahlte, und Harmonie ist ja das wichtigste Ziel der Parnerschaft.
Dann ging’s nach Trebinje. Trebinje wird nach dem „Heimatkrieg“, so wird der Bürgerkrieg auf dem Balkan hier genannt, ausschließlich von Serben bewohnt. Milosevic hat viel dafür getan, Trebinje ins serbische Großreich einzuverleiben. Doch vergebens. Bei den Verhandlungen von Dayton wurde die Stadt den Bosniaken zugesprochen. Doch als Ausgleich bekamen sie die Rechte einer autonomen Region innerhalb von Bosnien Herzegowina zuerkannt, vor allem mit kyrillischer Sprache, wie sie in Serbien üblich ist.
Wir fanden die Athmosphäre in der Stadt immer noch kriegerisch. Zum Beispiel die Wandbilder in der christlich orthodoxen Kirche. Und einen Mann, der sein Kleinkind, diese Bilder küssen ließ.

Ansonsten ist Trebinje ärmlich, hat aber eine schöne Altstadt.

Viel Ärmliches sah man auch am Straßenrand.


Am Nachmittag überquerten wir die Grenze nach Montenegro. Das erwies sich als schwierig. Eine Mitfahrerin hatte erst kürzlich ihren Reisepass als verloren gemeldet, ihn dann wiedergefunden und beim Passamt in Deutschland den Vermerk „Verloren“ löschen lassen. Dieser Vermerk tauchte beim Grenzübertritt nach Montenegro wieder auf, obwohl die Dame unbehelligt nach Kroatien und Bosnien Herzegowina eingereist war. 
Dieser kleine elektronische Umstand hatte zur Folge, dass wir zwei Stunden Wartezeit an der Grenze verbrachten und schließlich ohne die Dame weiterfuhren. Selbige blieb an der Grenzstation, durfte auch am Folgetag das Land nicht verlassen und befindet sich zum Zeitpunkt des Blogschreibens weiterhin im Gewahrsam der bosnischen Behörden. Wie ihr Ehemann mir mitteilte, wird er heute Abend zu seiner Frau nach Sarajewo reisen, und, wenn sie Glück haben, am Dienstag, also in fünf Tagen, nach Deutschland zurückkehren. Ein großes Drama wegen eines kleinen elektronischen Fehlers.












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