Sonntag, 11. Dezember 2016

Meine Reise nach Dubai. 3. bis 10. Dezember 2016

ch hatte mich für eine Schnäppchen Reise entschieden, mein Freund Rolf aus Stuttgart wollte mich begleiten, und jetzt musste ich meinen Freunden erklären, warum ich ausgerechnet nach Dubai fliegen wollte. Meine Schwester brachte es wie immer auf den Punkt: "Was willst du denn in dem Scheissland?"
Einen Tag vor unserer Ankunft feierten die VAE den 45igsten Jahrestag ihres Bestehens

Ich begann, mich über Dubai zu informieren. Ich las zwei Reiseführer ( Baedecker und Merian ), von dem FAZ Korrespondenten und Arabien Experten Rainer Hermann " Die Golfstaaten - Wohin geht das neue Arabien?"und die "Gebrauchsanweisung für Dubai" von Felicia Engelmann. Die Autoren schrieben sehr positiv, ja enthusiastisch über das Land. War Dubai denn nicht das Land der Geldverschwendung, des sinnlosen Luxus, der Frauenunterdrückung und des religiösen Fanatismus?
Oben der Scheich von Abu Dhabi und Präsident der VAE, Scheich Chalifa bin Zayid al Nayhan, darunter der Scheich von Dubai, Scheich Muhammad bin Raschid al Maktum

Meine Vorurteile veränderten sich. Es entstand ein anderes Bild. Die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) entstanden vor 45 Jahren, nachdem kurz zuvor Öl bei Abu Dhabi entdeckt worden war. Sieben Scheichtümer taten sich zu einem Staatswesen zusammen, welches seitdem "quasi monarchisch" regiert werden. Der Scheich von Abu Dhabi, dem größten Emirat, ist immer der Präsident, der Emir von Dubai, dem zweitreichsten Scheichtum, ist immer der Ministerpräsident in der Regierung.
Die sieben Emire regieren die VAE wie ihren Familienclan. Die Clans sind untereinander verbrüdert, und die größte Aufgabe bestand anfangs und auch heute noch darin, das Geld "gerecht" zu verteilen.

Im Unterschied zur klassischen Monarchie lebt der Regent nicht von den Steuern, die er von seinen Untertanen einzieht, sondern im Gegenteil verteilt Geschenke an diese. Man könnte natürlich darüber streiten, wem der Ölreichtum gehört, dem Scheich oder dem "Volk". Aber dieser Streit wird nicht geführt. Die Ölquellen sprudeln für die Emire, und diese lassen ihre Familien und Untertanen am Reichtum teilhaben. 
Unsere erste Unterkunft, das Hilton in Sharjah ...
..... und der abendliche Blick vom Pool auf die Hochhauskulusse

Und die Brosamen, die vom Tisch des Herrschers fallen, sind gar nicht so gering. Jeder Emirati erhält von Geburt an eine Rente, bei der Hochzeit ein Haus und ein Auto sowie 30000 $ Cash. Bei Scheidung der Ehe fällt das Haus und das Geld an die Frau. Das Auto bleibt beim Mann. 
Das hervorragend ausgebaute Gesundheitswesen ist für alle kostenlos, ebenso wie die Bildung. In Dubai finden sich hervorragende Universitäten mit ausländischen (expatriots) Lehrern. 

Scheich Zayid Moschee in Abu Dhabi ....
..... und das 7 Sterne Luxus Hotel Burj al Arab

Auf Bildung haben die Herrscher von Anfang an viel Wert gelegt. Nicht wenige Emiratis haben im Ausland studiert. Zurück in der Heimat haben sie sich hauptsächlich damit beschäftigt, ihr Geld zu verwalten. Niedere Arbeiten, aber auch fachlich hochqualifizierte Arbeit wird von den Ex-Patriots, den Ausländern erledigt. Dazu gehören die Bauarbeiter aus Pakistan, die philippinischen Kindermädchen, aber auch die international renommierten Architekten, die Ingenieure, Ärzte, Lehrer und Polizisten. Alle sind "Expatriots" - Ausländer.

Ferrari World in Dubai

Diese bilden das Gros der Bevölkerung in den VAE. Von den 10 Millionen Einwohnern sind 15% Emiratis. Der Rest kommt aus aller Welt und lebt friedlich zusammen. Für den Frieden sorgt die Polizei und ein umfassend ausgebautes Überwachungssystem. Schon der kleinste Verstoß gegen die Ordnung der "Schönen neuen Welt" wird mit drastischen Strafen geahndet. Das Überfahren der gelben Linien am Straßenrand wird unerbittlich mit 200 $ geahndet. Selim, unser Reiseführer, sang uns davon sein Klagelied. "Man kann in Dubai viel Geld verdienen, aber man wird es auch schnell wieder los."

Dubai ist eine Klassengesellschaft. Ganz oben stehen die Emiratis. In diese Klasse wird man hinein geboren. Ganz selten heiraten Emiratis Angehörige anderer Ethnien. Wenn doch leben sie meistens im Ausland.

Die Ausländer, die Expatriots in den VAE, teilen sich in verschiedene Schichten auf.  Ganz am unteren Rand der Pyramide befinden sich die Bauarbeiter, Dienstmädchen und Gärtner. Ganz oben stehen die vielen Millionäre und Milliardäre, die in den VAE eine neue Heimat gefunden haben. Dazu gehören auch Sportler (wie Boris Becker), Künstler und Stars der Geldbranche. Denn in Dubai zahlt man keine Steuern. Und das lockt die Finanzhaie in Massen an.

Stadtlandschaft der Mega City von unten und von oben ( Burj Khalifa )

Und so entstand binnen 45 Jahren aus einer Handvoll Beduinendörfern eine Megacity von zwei Millionen Einwohnern, die sich anschickt, im Jahr 2020 anlässlich der Expo zur schönsten Stadt der Welt zu werden. Das ist jedenfalls das Ziel von Scheich Mohammed, dem Scheich von Dubai. Er ist, wie auch sein Vater, ein Mann der Visionen und von einem unersättlichen Geltungsbedürfnis getrieben. Er hat Dubai zusammen mit den besten Architekten der Welt am Reißbrett entworfen. Dabei ist eine Stadt ohne Fußgänger und Radfahrer herausgekommen. Alles bewegt sich im Auto - und das führt zu chaotischen Verkehrssituationen. 

Der Stau in Dubai ist legendär. Auf der 12 spurigen Scheich-Zayed-Road und verschiedenen Nebenautobahnen staut sich der Verkehr jeden Morgen und Abend zwischen Sharjah und Dubai so auf, dass zusätzliche zwei Stunden Fahrtzeit einzurechnen sind. Dennoch scheint die Lösung "Öffentlicher Nahverkehr" keine für Dubai passende Option. Sind die Emirati zu stolz für Massenfortbewegungsmittel? Möchte lieber jeder hinter dem eigenen Lenkrad sitzen, wie früher stolz auf dem Rücken der Kamele? Ich weiß es nicht. Auf diese Frage fand ich keine Antwort.

Aber sonst ist die Megacity perfekt in vielfacher Hinsicht. Es gibt keinen Dreck auf der Straße und auch sonst nirgendwo. Dubai ist sauberer als die Schweiz und auch sauberer als Singapur. Dubai gehört zu den sichersten Städten der Welt. Man versicherte mir, ich könne ruhig mein Portemonnaie verlieren. Es werde mir garantiert unangetastet zurückgebracht. Liegt es an den drastischen Strafen und an der totalen Überwachung? Oder daran, dass die Expats Dubai als so eine Art Paradies erleben. Und die Vertreibung aus dem Paradies möchte natürlich jeder vermeiden.

Denn dies ist die Hauptstrafe: Wer straffällig wird, muss das Finanzparadies VAE nach Abbüssung einer Haftstrafe verlassen. In Dubai regiert das Geld. Es regiert allumfassend und so, dass Armut und Elend sozusagen nicht existiert. Alle schätzen sich glücklich, am Geldsegen teilhaben zu können. Sicherlich in unterschiedlichem Ausmaß, aber doch beim Geringstverdiener noch so, dass er lieber bleibt, statt nach Hause zu gehen.

Ich habe nun genug über die politischen Verhältnisse geschrieben und will euch nun über die Reise selbst berichten. Der Flug war anstrengend, weil wir 4 Stunden Zwischenaufenthalt in Istanbul hatten. Die Unterkünfte phantastisch, das Hilton in Sharjah und das Fairmont Palm in Dubai. Das Wetter ideal, Sonnenschein, Temperaturen tagsüber zwischen 25 und 30 Grad bei erträglicher Luftfeuchtigkeit. Nachts 20 Grad, Wassertemperatur 24 Grad. Im Hilton hatten wir einen wunderbaren Pool, bzw. zwei Pools, im Fairmont neben der Poollandschaft direkten Zugang zum Strand und Meer.


Das Essen war phantastisch, auch weil wir den Tag mit den vom Frühstücks Buffet geklauten Köstlichkeiten gut überstanden. Abends war dann wieder Schlemmen angesagt. Die Gruppen Ausflüge gingen nach Abu Dhabi, ins Heritage Museum nach Sharjah und zweimal auf ein Schiff mit Rundfahrt und Abendessen. 

Alles andere unternahm ich selbstständig. Auch wenn dies ein wenig anstrengender und auch teurer ist, als mit der Herde mitzulaufen, so habe ich es doch genossen. In den VAE kann sich der Tourist völlig frei und sicher bewegen, die Beherrschung von Englisch vorausgesetzt. Auch ist die Kleiderordnung so, dass die Verschleierten kaum auffielen, vielmehr der westliche Kleidungsstil dominierte.

So fuhr ich auf den Burj Khalifa, mit 828 m das höchste Bauwerk der Welt, bis auf 555 m hinauf und hatte von da aus einen phantastischen Ausblick auf Stadt und Wüste. Auch das zweite architektonische Muss, den Burj Al Arab, besichtigte ich auf eigene Faust. Das einzige 7 Sterne Hotel der Welt, ist wie ein Segel gebaut und 321 m hoch. Um es zu betreten ist eine Reservierung für das Café oder das Restaurant erforderlich. Da mir die vom Reiseführer empfohlene Teatime im Skyview zu teuer war (160 €) entschied ich mich für einen Lunch auf der Terrasse für 60 €, und fühlte mich glücklich, weil ich die Luxusathmosphäre hautnah und preisgünstig erleben konnte.

Auch auf dem Creek und dem Soukh in Deira bewegte ich mich selbstständig. Dort bekommt man noch etwas mit vom alten Dubai. Der Goldsoukh und der Parfümsoukh sind absolut sehenswert, auch wenn man beim Handel sehr vorsichtig sein muss. Ich hab mir auch die weltgrößte Dubai Mall und die Emirates Mall mit der weltberühmten Skipiste angesehen. Wahrscheinlich könnte ich Stunden erzählen, aber das tue ich nur, wenn jemand Näheres wissen will. Ich bewegte mich mit der Metro und mit dem Bus. Alles ganz einfach, wenn man das System mal verstanden hat. 


Die Reisegruppe war übrigens sehr nett. Immer wieder war ich im Gespräch, konnte mich aber auch separieren, wenn ich den Wunsch danach hatte. Das Zusammenreisen mit meinem Reisepartner Rolf war sehr angenehm. Bei der berühmten Frage: Klimaanlage ein oder aus? gab es keine Probleme. So kann ich eine Reise nach Dubai auch denen empfehlen, die sich nicht damit begnügen wollen, den Luxus einer Schnäppchenreise zu genießen, sondern ein anderes Land in seiner Besonderheit kennenlernen wollen.

Freitag, 19. August 2016

Rückkehr nach Deutschland

Jetzt soll die Rede sein von Heiko, meinem Freund und Reisebegleiter, der mir die ganze schwierige Zeit über eine zuverlässige Stütze war.
Bereits im Krankenhaus war mir das Wichtigste gewesen, dass es da jemanden gab, auf den ich mich im Notfall verlassen konnte, der mich raus holen konnte, wenn es nötig war. Als mein Auge in den zwei Tagen nach der Entlassung aus dem Krankenhaus reizbar blieb, und die Entzündung sich nicht besserte, reifte mein Entschluss, den mit der Klinik vereinbarten Kontrolltermin am Dienstag morgen sausen zu lassen und mich auf dem schnellsten Wege nach Deutschland zu begeben. 
Heiko erklärte sich bereit, mich bereits am Montag non-stop nach Freiburg in die Augenklinik zu bringen. Keine geringe Herausforderung, denn das waren 1000 km auf stauträchtigen Autobahnen.
Meine Ferienzeit in Breslau hatte ich sowieso nicht wirklich genießen können. Lediglich den Rynek, den Ring, hatte ich bei unseren Essensausflügen kennengelernt. Zu anstrengend war es, die Augen aufzumachen. Die meiste Zeit verbrachte ich liegend auf der Seite im Hotelbett.
Dennoch sind noch ein paar Fotos entstanden, die ich euch nicht vorenthalten will.
Das ist der Blick von unserem Hotel über die Oder auf die Universität.
Das ist das alte Rathaus, von dem Mittags um 12 Uhr ein Trompeter die Stunde bläst.
Schön renovierte Patrizierhäuser auf dem Rynek, der abends vor Leben platzt.
Zwerge sind überall in der Stadt zu sehen.
Und das Wappentier von Polen stand vor dem Rathaus.
Am Montag, den 15. August, feiert Polen Mariä Himmelfahrt. Und da Polen sehr katholisch ist, ist dies einer der größten Feiertage. Entsprechend leer waren die Straßen, als wir morgens um kurz vor acht Uhr das Hotel verließen. Leider wurde es mit dem Auge während der 10stündigen Fahrt nicht besser. Zu der Reizbarkeit gesellten sich bald heftige Kopfschmerzen. Hatte ich anfangs noch gezweifelt, ob es überhaupt nötig sei, in die Augenklinik zu fahren, so wurde dies nun klarer. Ich hatte vorher verschiedentlich bei der Notfallnummer der Klinik angerufen, hatte jedoch keine wirkliche Hilfe erfahren. Nun rief ich wieder an und kündigte mein baldiges Eintreffen als Notfall an. Frau F. blieb ungerührt. Ich solle nur kommen.
Als ich um 18 Uhr eintraf, fand ich eine lange Schlange von Wartenden vor. Ich ging zum Schalter vor, wies auf meine dringliche Situation hin und wurde barsch von einer dicklichen Dame angeherrscht, ich solle eine Nummer ziehen und mich in die Schlange einreihen. Wie sich herausstellte, war dies die besagte Frau F., mit der ich auch von Breslau aus schon telefoniert hatte, die meine Situation also genau kannte.
Ich bat die Anwesenden, mich vorzulassen, doch auch dort traf ich auf Ablehnung. Eine resolute Dame entschied, das seieN hier alles Notfälle, und sie wolle mich nicht vorlassen. So hielten es auch die anderen. Ähnlich wie in Breslau konnte ich bei den anderen Wartenden die Not nur wenig erkennen. Die meisten unterhielten sich munter, wirkten entspannt und ohne Zeitdruck. Ich hingegen konnte durch mein angeschwollenes Auge sowieso nichts sehen und wirkte, so glaube ich sagen zu können, durchaus leidend.
Seis drum. Die Anmeldung dauerte 20 Minuten, anschließend wartete ich im Wartezimmer noch über zwei Stunden. Warten war ich ja inzwischen gewöhnt. Ich beschloss, der Ärztin gegenüber nicht fordernd sondern eher zurückhaltend aufzutreten, nur auf die Schmerzen zu verweisen und mir alles andere aus der Nase ziehen zu lassen. Das hatte eine erstaunliche Wirkung. Plötzlich wurde ich ernst genommen. Wegen erhöhten Augeninnendrucks müsse ich stationär bleiben. Man werde mich durch Infusion und Augentropfen zunächst konservativ behandeln. Wenn das keinen Erfolg bringt, sei eine Notoperation nötig. Durch einen kleinen Stich ins Auge, werde der Druck gesenkt.
Ich mache es kurz. Der Druck sank durch die Behandlung. Eine dritte Augen OP war nicht nötig. Nach zwei Tagen konnte ich nach Lörrach heimkehren.
Die Reise nach Polen war ein Abenteuer. Ich habe es einigermaßen gut überstanden. Einige Erlebnisse haben sich tief bei mir eingeprägt. Die Situation im polnischen Krankenhaus habe ich als traumatisch erlebt. Nun hoffe ich darauf, dass ich bald wieder normal sehen kann.

Mittwoch, 17. August 2016

Freitag, der 12. August - als Notfall im Krankenhaus in Breslau

Lieber Leser, nun musst du leider auf Fotos verzichten. Ich hatte nämlich keinen Apparat dabei, als mich der Taxifahrer um 16 Uhr an der Notfall Pforte des Universitätskrankenhauses Breslau ablieferte. Als erstes erspähte ich neben Sanitätern und Rettungsfahrzeugen ein Pförtner Häuschen, in dem sich drei Männer gemütlich unterhielten. Einer von ihnen brachte mich zu einem Anmeldefenster, hinter dem drei Frauen an Telefonen saßen. Die nahmen zunächst einmal keine Notiz von mir. Erst als ich lauthals auf meine Not aufmerksam machte, schob mir eine von Ihnen ein Blatt Papier zu und einen Kugelschreiber.
Auf dem Papier stand sehr viel Text - in Polnisch! Den konnte ich nicht lesen. Dennoch bestand die Dame darauf, dass ich ihn ausfüllen sollte. Ich machte ein paar Kreuze, schrieb meinen Namen drauf und unterschrieb das Ganze. Nun kam es auch nicht mehr drauf an! 
Die Dame wollte meinen Ausweis sehen und mein Versicherungskärtchen. Ich versuchte, sie zur Eile anzutreiben. Schließlich wußte ich, was eine Netzhautablösung bedeutet. Da geht es um Minuten.
Die Dame ließ sich jedoch nicht drängen. Da wurde ich laut und erklärte auf Englisch, dass ich bei weiterer Verzögerung die Sehfähigkeit des rechten Auges verlieren könnte. Eine Dame zur Linken hatte mein Englisch verstanden und mischte sich ein. Ich solle hier nicht brüllen, sonst würde es noch länger dauern. Ich sah eine Chance: Da war jemand, der meine Sprache verstand, dem ich die Dringlichkeit der Situation begreiflich machen konnte. Doch auch diese Englisch sprechende Dame blieb ungerührt. Sie schob mir noch mehr Papiere rüber und zeigte keinerlei Verständnis für meine Not.
Es dauerte etwa 15 Minuten, bis sie mich in einen großen Saal führte, in dem viele Menschen warteten. Sie bedeutete mir, Platz zu nehmen und verschwand mit meiner Anmeldung, an der immerhin ein roter Sticker befestigt war, in den Tiefen des Gebäudes. 
Um mich herum Menschen in typischer Wartehaltung. Manche unterhielten sich, die meisten schwiegen. Immer wieder wurden Namen aufgerufen. Personen erhoben sich und verschwanden durch eine Schwingtür. Allmählich verließ mich die Hoffnung, dass ich hier als Notfall behandelt wurde. Mein Nachbar verstand Englisch. "Ja, ich sei hier in der Notfallambulanz der Augenklinik", bedeutete er mir. "Die anderen seien auch Notfälle. Er z.B. habe ein Steinchen im Auge, welches er selbst nicht entfernen konnte." Ich versuchte ihm den Unterschied zwischen seiner Not und der meinigen klar zu machen, hatte aber nicht den Eindruck, dass dies dem jungen Mann klar wurde. 
Schließlich wurde er aufgerufen - vor mir! 
Ich gab die Hoffnung auf, mein Augenlicht retten zu können. Dann war es eben so. Warum hatte ich auch unbedingt nach Polen fahren wollen. Wer sich in die Gefahr begibt, kommt darin um.
Na ja, ganz so weit war es ja noch nicht. Es ging ja nur um das Sehvermögen des rechten Auges. Man kann doch auch mit einem Auge leben.
Nach drei Stunden hörte ich meinen Namen. Ich ging durch die Schwingtür und und wurde von einer jungen Dame auf Englisch nach dem Grund meines Kommens gefragt. Es war eine Augenärztin, die sich sehr schnell davon überzeugte, dass hier sofortiges Handeln vonnöten war. Sie brachte mich zum Oberarzt, der mich auf Deutsch fragte, warum ich nach Polen gekommen sei. Es sei nämlich langes Wochenende, und da könne die äußerst dringliche OP nicht durchgeführt werden. Ich bat ihn, mich dorthin zu bringen, wo eine solche OP möglich sei. Das brachte ihn zum Nachdenken. "Also gut, er werde die Operation durchführen, sobald ein Anästhesist zur Verfügung stünde". 
Eine englischsprachige Stationsärztin bereitete meine Aufnahme vor. "Nein, ein Einzelzimmer gebe es nicht. Ich müsse die Nacht auf dem Gang verbringen." Zu dem Zeitpunkt war mir alles egal. Hauptsache, mein Sehvermögen wurde gerettet.
Ich konnte mich sogar noch Duschen und den ganzen Angst- und Wutschweiss des Tages in Wasser auflösen. 
Auch der Anästhesist sprach Englisch. Die Operation würde unter Lokalanästhesie stattfinde und eine Stunde dauern. Sie dauerte länger als zwei Stunden, und das starre Liegen auf dem Rücken wurde mit der Zeit zur Qual. Auch spürte ich die Laserbehandlung wie spitze Stiche im Auge. Dennoch, ich war glücklich, denn nun bestand wieder Hoffnung, dass die Sehfähigkeit des rechten Auges gerettet werden konnte.
Ich landete wie angekündigt in einem Bett auf dem Flur, auf dem schon mehrere Patienten Platz gefunden hatten. Ich sollte in erhöhter Seitenlage liegen bleiben, was kaum möglich war. Ich versuchte es trotzdem. 
Die nette Stationsärztin vom Vortag hatte mir eingeschärft, ich solle den Oberarzt Dr. K. fragen, ob ich gleich am nächsten Tag nach Hause gehen könne. Wenn Dr. K. einverstanden sei, stünde meiner Entlassung nichts im Wege. 
Dr. K., der deutsch sprach und mir während der OP immer sympathischer geworden war, wollte die Verantwortung für meine schnelle Entlassung nicht allein tragen. "Wenn die Stationsärztin, Dr. G. meine Entlassung befürwortete,  stünde dieser nichts entgegen. 
Als ich diese Formulierung Frau Dr. G. am nächsten Morgen mit stark geschwollenem Auge mitteilte, kamen ihr Bedenken. Ich solle noch da bleiben. Gegen Mittag käme der Oberarzt zur Visite. Dann könne er selbst entscheiden.
Ich spürte, dass nun geschicktes Vorgehen gefragt war. Ich mochte in diesem Krankenhaus unter diesen Umständen nicht länger bleiben. Mittlerweile war ich in ein 3 Bettzimmer verlegt worden zu zwei älteren Polen, die kein Deutsch oder Englisch sprachen, dafür aber zusammen mit zwei Kumpels Karten spielten und den Fernseher auf voller Lautstärke laufen ließen. Auch vom Pflegepersonal sprach niemand Englisch oder Deutsch. Zum Frühstück hatte ich Mehlsuppe und Graubrot mit Rübenkraut gegessen. Zu Mittag erhielt ich einen Teller mit einem graublauen Fleischkloss, Bohnen und Hülsenfrüchten. Zwar tat die Ernährung meinem Wunsch, abzunehmen, gut, aber ich mochte sie mir doch nicht weiter antun.
Ich sehnte mich nach meinem ruhigen Hotelzimmer, welches mir auch hygienisch in einem besseren Zustand als dieser Krankenflur zu sein schien. Hatte ich schon erwähnt, dass Patienten in einem polnischen Krankenhaus eigene Handtücher, eine Tasse und Besteck mitbringen müssen? All das hatte ich nicht. Am ersten Abend hatte ich mich mit einem Bettlaken abgetrocknet. Wie sollte das weitergehen?
Als der Oberarzt zur Visite erschien, war ich fest entschlossen, meine Entlassung mit allen Mitteln zu betreiben. Ich kürze hier ab. Um 15 Uhr stand ich am Ausgang, ausgerüstet mit einem Rezept und einem Arztbrief in Polnisch. Von der Verwaltung gebe es strikte Order, Arztbriefe nur auf Polnisch mitzugeben, hatte mir die Stationsärztin bedeutet. 
In diesem Moment war mir das egal. Ich war nur froh, dem polnischen Krankenhaus entkommen zu sein.

...... und in Polen ins Krankenhaus

Unsere Nacht in Marienbad verlief ruhig. Heiko schnarchte und ich hielt mit den Ohrenstopfen erfolgreich dagegen. Beim Frühstück freuten wir uns noch einmal über die günstigen Preise in der Tschechei und dann ging's zügig per Autobahn an Prag vorbei Richtung Waldenburg/Polen. Die Landschaft kam mir seltsam vertraut vor, je mehr wir uns dem Land meiner Vorfahren näherten. Auch fand sich manch idyllisches Plätzchen, wie es auch im Sauerland hätte stehen können, dem Land meiner Kindheit.
Dennoch, der überwiegende erste Eindruck im Waldenburger Land war Armut. Manche Häuser vermutlich seit dem letzten Weltkrieg nicht mehr renoviert. Die Straßen dagegen neu. Vermutlich mit EU Geldern saniert. Auch die Autos so, wie man sie bei uns findet. Kein Lada oder Trabbi mehr zu sehen.
Wir hatten unsere Unterkunft auf Schloss Fürstenstein gebucht, nicht ahnend, dass dieses Schloss eine der größten Touristen Atraktionen Polens darstellt, und der Rummel dem von Schloss Neuschwanstein gleichkommt. Touristen in Menge. Zum Glück ließ der Trubel am Abend nach.
Wir nächtigten eher rustikal in den Wirtschaftsgebäuden des Schlosses. Die Einrichtung war einfach, genügte aber dem Zweck. Am Abend hatten wir das Schloss für uns.

Am nächsten Morgen ging's dann nach Waldenburg auf die Suche nach der Hindenburgstrasse 134 in Dittersbach. Wir hatten Glück und trafen jemanden, der uns den Weg zeigen konnte, weil er zufällig in dieser Straße mit jetzt polnischem Namen wohnte. Dank Google ließ sich der polnische Name herausfinden. Und so sieht das Haus meiner Großeltern heute aus.
Eigentlich ganz schön, finde ich, muss es damals gewesen sein.
Die Innenstadt von Waldenburg hat sich aufgehübscht. Ein hübscher Marktplatz, ein Rathaus und alte Patrizierhäuser in dieser Mittelstadt von 120 000 Einwohnern. 
Beim Capucchino bemerkte ich dann erstmals, dass die schwarzen Punkte, die durch mein operiertes Auge segelten, größer geworden waren. Ich rief die Notfall Nummer der Augenklinik Freiburg an. Ich solle zum Augenarzt gehen hieß es. Na gut, die Chancen auf Augenarzt stehen in Breslau besser als in Waldenburg, dachte ich mir, und wir brachen auf in dieGroßstadt. Unterwegs noch kurz die Friedenskirche in Schweidnitz besichtigt
Ein wirklich beeindruckendes Monument barocker Pracht. Und dann in unser Luxus Hotel HP Park Plaza in Breslau. Dort,so nahm ich an, würde man mir auf der Suche nach einem Augenarzt schon behilflich sein. 
Wieder war es der Capucchino, diesmal in der Hotellobby. Die schwarzen Punkte waren verschwunden, stattdessen ein großer dunkler Schatten, der sich von links ins Gesichtsfeld hinein schob. Damit war klar, eine erneute Netzhautablösung. Ich musste sofort ins Krankenhaus.
Die Rezeption rief mir ein Taxi. Schnell das Nötigste im Rucksack verstaut und los. Am Freitag um 16 Uhr gibt es Stau in Breslau. Ich feuerte den Fahrer an, wusste ich doch, nun ging es um Minuten. Nach endlosen 30 Minuten ließ er mich an der Notfallpforte des Universitätskrankenhauses heraus.

Mittwoch, 10. August 2016

Vom Krankenhaus nach Polen - 10. August 2016

Bevor es diesmal auf die Reise gehen konnte, musste ich zuvor noch eine Netzhautablösung überstehen. Am 4. August um 16 Uhr stellte der Augenarzt eine Fortgeschrittene Netzhautablösung im rechten Auge fest. Am gleichen Abend um 19 Uhr wurde ich in der Augenklinik Freiburg notoperiert und musste dann bis Sonntag, den 7. August im Krankenhaus bleiben. Für Montag 8 Uhr war die Abfahrt nach Polen terminiert. Das war selbst für einen Berufsoptimisten wie mich nicht leistbar.
Nach Rücksprache mit dem Augenarzt in Lörrach, verschob ich die Reise auf Mittwoch und versuchte, mich bis dahin so gut wie möglich zu erholen. 
Das war gar nicht so einfach. Galt es doch noch so viel zu erledigen, Reisevorbereitungen zu treffen, etc. Vor allem das Lesen, und natürlich auch das Schreiben bereitet mir Mühe (sic!) Deshalb wird mein Blog jetzt auch nicht zu lang werden.
Am Mittwoch ging's los nach Marienbad in Tschechien. Ein kleines Bade- und Kurstädtchen im Belle Epoque Stil unweit der deutschen Grenze. (Fast) allesfrisch renoviert, sonnt sich Marienbad im eigenen Glanz. Nur dass ganz wenig Kurgäste und Touristen es sehen wollen. Wir wunderten uns: Ist die Saison schon vorbei? Das Chopin Festival, welches Morgen beginnt, wird jedenfalls mit wenig Besuchern und auch ohne uns zurecht kommen müssen, denn wir reisen morgen wieder ab. Obwohl es uns gefallen hat, die Pracht ohne touristischen Überlauf erleben zu können.
Gut und billig gegessen haben wir auch noch. Und vom salzigen Heilwasser getrunken. Leider verbietet sich das Baden nach einer Netzhautablösung. Meinen Knochen hätte es sicher gut getan.
Hier noch ein paar Momentaufnahmenaus Marienbad:
Na, was sagt ihr? Ist doch ein schönes Städtchen, oder? Und morgen geht's weiter nach Waldenburg.




Mittwoch, 6. Juli 2016

Und der Schluss

Noch hatten wir zwei Tage Zeit bis zum Abflug. Wir entschieden uns, über das Okanagan Valley nach Vancouver zu fahren. Das bedeutete zwar einen Umweg von 200 km, aber wir wollten noch einmal den Reiz dieser Weingegend und auch das Wüstenklima ganz im Süden "schmecken", wie der Schweizer sagt.
Leider blieb uns das schlechte Wetter treu. Das tat zwar unserem Besuch beim Weingut Quails Gate in Kelowna keinen Abbruch, aber das Wüstenklima litt doch ein wenig unter Kälte und Dauerregen. Das Gelb der ausgetrockneten Erde wirkte eher grau oder gar grün, dort, wo frische Pflanzen der Erde entsprossen. Statt Kakteen sahen wir Ginster. 
Dennoch fanden wir ein hübsches Übernachtungsplätzchen auf Haines Island, ganz im Süden bei Osoyoos. Für die Übernachtung im Overflow Bereich zahlten wir das Gleiche wie für einen regulären Stellplatz, nämlich 32 $, aber das merkten wir erst, nachdem wir bereits gezahlt hatten und also abgezockt worden waren.
Die Übernachtung war trotzdem schön. Auf einem ganz schmalen Fahrweg, mitten im See. Und am nächsten Morgen war der Wind soweit abgeflaut, dass ich den Tag mit einem Seeschwimm beginnen konnte. Pia widerstand der Verlockung.
Unsere Rückfahrt über Hope nach Vancouver bot dann wirklich tolle Landschaften, die ich aber alle nicht fotografiert habe, weil es andauernd regnete. Immerhin hatte dies den Vorteil, dass unser total verdrecktes Wohnmobil nach dem Regen wie frisch gewaschen aussah. 
In Hope machten wir einen Zwischenstopp im Historischen Museum und hatten dann noch Zeit genug, in Vancouver das Anthropologische Museum MOA anzusteuern. Und das ist wirklich sensationell! Außer Exponaten der Canadien Natives findet man dort auch vieles aus Polynesien und von anderen Kulturen.
Wirklich beeindruckend die Ausdruckskraft der Totem Poles und anderer Abbildungen. Ich hab euch ein paar Bilder reingestellt.
Die letzte Nacht auf dem Burnaby RV Platz mit Full Hook-Up war dagegen so was von langweilig gegenüber den tollen Übernachtungsplätzen in den Nationalparks. In Reih und Glied standen die Camper und Wohnmobile auf engstem Raum, aber dafür mit dem Loch fürs Abwasser direkt nebendran. Dumm nur, dass das Abwasserloch des Nachbarn genau neben unserem Aussentisch plaziert war. So verzichteten wir weise auf das Essen bei der Schei.....
Feuermachen war auch nicht erlaubt wegen der Stadtnähe. Wenn man sich vorstellt, dass es Leute gibt, deren höchstes Camperglück darin besteht, solche Plätze zu besiedeln!! Immerhin gab es einen Pool, saubere Duschen und Toiletten, WiFi und einen Waschmaschinenraum, den wir allerdings nicht mehr benötigten.
Am nächsten Morgen das letzte Frühstück im Camper, Koffer packen, WoMo putzen und Abwassertanks entleeren. Viele Vorräte waren nicht benutzt worden und wurden nun auf einem Tisch ausgelegt für Newcomer, die noch alles an Ausrüstung brauchten. Neben Weißen Bohnen in der Dose, Spaghetti und Toilettenpapier deponierten wir dort auch das unbenutzte Bärenspray. Möge es anderen Bärenphobikern gute Dienste leisten.
Pünktlich um 11 Uhr brachen wir auf zur Fahrt nach CANADREAM, der Rückgabestation fürs WoMo. 45 Minuten sollte die Fahrt dauern nach Delta, Riverroad 7119. Tatsächlich dauerte sie zweieinhalb Stunden und geriet uns zum Horrortrip. 
Ich hatte meine Navi Software Scout vor der Reise noch mit dem Kartenmaterial für Kanada aufgerüstet, und sie hatte uns schon bei der Ankunft etwas fragwürdige Dienste geleistet, als sie uns auf Fahrradwegen zum Ziel lotsen wollte. (Siehe mein erster Blogeintrag Mitte Juni). Nun überraschte sie mich mit der Meldung, Hausnummern seien für diesen Teil Kanadas nicht hinterlegt. Sie werde uns deshalb zur Strassenmitte der Riverroad führen. Na gut, dachte ich, wir haben ja die Hausnummer und werden das Haus schon finden.
Die Probleme begannen, als der Highway 17 gesperrt war, eine Folge des Buschfeuers letzte Woche. Das passte unserem Navi ganz und gar nicht. Trotzdem führte es uns nach anderthalb Stunden zur Riverroad 5000, zur Mitte der Riverroad. Dummerweise ist die Riverroad zweigeteilt, in einen südlichen und einen nördlichen Teil. Dazwischen liegt der Highway 17, und der war unpassierbar. Das aber wusste unsere Kartensoftware nicht. 
Also aktivierten wir Pias Handy mit Google Streetmap, welches online sein muss, um zu funktionieren, und welches sehr gern seinen Akku schnell entlädt. Es war eine einzige Katastrophe. Anderthalb Stunden zu spät und urlaubsreif vom Stress erreichten wir unser Ziel.
Immerhin, dann ging alles glatt. Unser WoMo wurde ohne Beanstandungen zurückgenommen. Auch der Transfer zum Flughafen verlief störungsfrei. Dort hatten wir noch genug Zeit, um ein bisschen Blog schreiben zu können, und jetzt im Zug nach Basel vervollständige ich das alles. Veröffentlichen kann ich ihn dann zuhause, wahrscheinlich während ich das Halbfinale der Fußball EM Frankreich gegen Deutschland vor dem heimischen Fernseher angucke. Und dann hört ihr erstmal nichts von mir bis zur nächsten Reise nach Polen in einem Monat. Also bis denne.....
Unterwegs im China Valley
In Kelowna vor dem Hertage Museum...
... und in Kelowna an der Strandpromenade 
Auf der Haines Halbinsel bei Osoyoos
Ebendort
Und ebendort
Das Museum of Anthropology (MOA) in Vancouver.

Und hier noch eine Skulptur auf dem Flughafen von Vancouver