Der Staudamm wurde von 1993 bis 2007 in 14 Jahren erbaut. 1,3 Millionen Arbeiter waren daran beteiligt. Es handelte sich zeitweise um das größte Bauprojekt Chinas. Der Yangtze, der seit jeher wegen seiner periodischen Überschwemmungen gefürchtet war, wurde auf eine Länge von 600km angestaut. Diesen See, der sich tief in die umliegenden Berge eingegraben hat, befahren wir nun auf einem höchst komfortablen Reiseschiff. Jeden Tag sind kleine Ausflüge eingeplant. Ansonsten gibt es natürlich viel Zeit zum Relaxen.
Wie immer ist auch für Unterhaltung gesorgt mit abendlichen Veranstaltungen, Filmvorführungen etc. Das Schiff ist mit 150 Passagieren nur halb belegt. Mit uns reisen eine amerikanische, eine deutsche und zwei chinesische Reisegruppen. Die Ansagen sind immer auf Chinesisch und Englisch.
Am ersten Tag besichtigten wir in aller Ausführlichkeit den Staudamm. Am zweiten Tag fuhren wir mit dem Boot in eine Nebenschlucht und besuchten eine ethnische Minderheit, die uns dort einen Tanz vorführte. Heute stand der Besuch der steinernen Pagode, ein taoistischer Tempel, auf dem Programm. Dabei gibt es dann auch immer Gelegenheit, bei den Händlern, die sich am Landgang aufbauen, erste Shopping Erlebnisse zu sammeln. Ich habe schon einige Kleinigkeiten gekauft.
Der Kontakt zur Reisegruppe gestaltet sich weiterhin erfreulich. Es sind viele angenehme Reisegenossen unterwegs. Leider habe ich immer noch keine Doppelkopf Spieler gefunden. Unser Reiseführer Lee öffnet sich zusehends und weiß interessante Dinge zu erzählen. Zum Beispiel hatten wir es über Toilettengewohnheiten. Wir fragten, ob es die in Hochhäuser umgesiedelten chinesischen Bauern genießen würden, jetzt endlich über eine Toilette innerhalb der Wohnung zu verfügen. Dazu erzählte er uns von seiner Oma. Er habe sie nach Beijing in seine Wohnung eingeladen, und sie sollte dort länger bleiben. Sie kehrte aber bald ins Dorf zurück, weil sie sich nicht daran gewöhnen konnte, innerhalb der Wohnung die Toilette aufzusuchen.
Solche Geschichten finde ich interessant, weil sie so gar nicht unseren Erwartungen entsprechen. Vielleicht gab es ja auch noch andere Gründe, warum die Oma von Lee wieder in ihr Dorf zurück wollte. Jedenfalls zeigt sie, wie man mit den eigenen Vorstellungen falsch liegen kann.
Gestern bekamen wir eine medizinische Information zum Thema Höhenkrankheit. Unser mitreisender Arzt Peter beantwortete Fragen und wies uns auf Risiken hin. Demnach ist Ruhe die erste Reisepflicht, nachdem wir am Sonntag in Lhasa/Tibet eintreffen werden. Außerdem gibt es eine neue Regel, wonach Touristen momentan Lhasa nicht verlassen dürfen. Leider also kein Ausflug in die Umgebung. Auch wurden wir aufgefordert, alle waffenähnlichen Gegenstände abzugeben. Erhöhte Sicherheitsvorschriften bei der Reise mit dem Zug.
Am Morgen des 4. Tages auf dem Schiff trafen wir in Chongqing ein. Das Ausschiffen erfolgte früh, die Weiterfahrt nach Chengdu mit dem Zug erst um 13 Uhr, so hatten wir Zeit für eine kleine Besichtigung der Altstadt.
Chongqing ist eine Region, in der Größe vergleichbar Österreich, jedoch mit 33 Millionen Einwohnern. Viele kleine und größere Städte liegen direkt nebeneinander und bilden eine Wirtschaftsregion. Wie fast jede chinesische Metropole, besteht auch Chongqing aus wild nebeneinander stehenden Hochhäusern. Nur ganz wenige Reste der alten Stadt sind erhalten geblieben. Diese Reste werden dann häufig renoviert und zu touristischen Zielen umfunktioniert. Anders in Chongqing. Die "Altstadt" besteht tatsächlich aus alten Häusern, die nicht für den Tourismus aufgemotzt wurden. So waren erstmals Anblicke möglich, die es bisher nicht gab. Die Straßen waren nicht wie geschleckt und die Häuser nicht "putzig". Man sah noch Dreck, Unaufgeräumtes, zerfallene Häuser, Menschen mit Zahnlücken. Man konnte auf einem echten Markt Produkte kaufen, die nicht nur für Touristen produziert worden waren. Eindrücklich!
Dann ging es weiter zum Hightech Bahnhof mit Sicherheitskontrollen am Eingang und dem ICE, der uns in zwei Stunden nach Chengdu brachte.
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