Xian ist eine alte Kaiserstadt mit viel Geschichte und natürlich der Terrakotta Armee, die erst im Jahre 1974 vom Bauern Liam durch Zufall entdeckt wurde. Und das kam so: Nachdem wieder mal - wie so oft- das Flussbett eines Flusses seinen Verlauf verändert hatte, waren neue Flächen frei geworden. In einer Trockenperiode gruben die Bauern an vielen Stellen nach Wasser. Und da stießen sie plötzlich auf eine lebensgroße Tonfigur eines Kriegers in etwa 4 Meter Tiefe. Erschrocken suchten die Bauern das Weite. Sie glaubten, auf Dämonen gestoßen zu sein. Sie vergaßen, einen von ihnen, der noch im Loch saß, mitzunehmen. Er schrie um Hilfe, aber keiner hörte ihn. Schließlich verbrachte er die Nacht im Loch und untersuchte seinen Fund genauer. Am nächsten Tag, als ihn die Bauern heraus holten, ging er zu einem Archäologen in einem nahegelegenen Museum, und der erkannte die Bedeutung des Fundes. Seitdem ist der Bauer berühmt und die Terrakotta Armee für China fast so bedeutsam wie die Chinesische Mauer.
Es handelt sich um die Grabanlage des ersten Chinesischen Kaisers Qin Shiihuangdi, der im Jahre 214 vor Christus zunehmend nach der gewaltsamen Einigung des Landes von paranoiden Fantasien heimgesucht, wurde. Er suchte Hilfe bei Wahrsagern und Quacksalbern und als Folge solcher Prophezeiungen ließ er sich ein ungewöhnliches Grabensemble schaffen. In drei Gruben wurde eine Armee von 8000 Tonkriegern plaziert mit Rüstungen, Waffen, Wagen und Pferden. Jede einzelne Figur wurde individuell gestaltet und farbig angemalt. Eine ungeheure Arbeit, von der man sich heute noch kaum vorstellen kann, wie sie zu bewältigen war. Jedenfalls: Sie wurde bewältigt.
Leider verloren die Figuren schon wenige Minuten nach Einwirkung von Licht ihre Färbung. So kommen die meisten Figuren im Graubraun von Ton daher. Aber sie sind nicht weniger eindrucksvoll. Wenn man diese Herrscharen sieht, die vor mehr als 2200 Jahren erschaffen wurden, dann ist das atemberaubend.
Wir hatten zudem - wie oftmals auf dieser Reise - Glück mit denUmständen. Es waren nicht so viele Besucher anwesend wie üblich, vielleicht, weil wir schon ganz in der Frühe aufgetaucht waren. So hatten wir immer wieder eine gute Position, um die Figuren aus nächster Nähe betrachten zu können und Fotos zu machen.
Wildganspagode und Stadtmauer waren weitere Ziele unserer Stadterkundung. Xian ist sicher eine Reise wert. Gerne hätte ich dort mehr Zeit verbracht als die zwei Nächte im Hotel. Am Samstag ging es mit dem Flieger nach Peking. Raus aus dem Flieger und gleich zum Sommerpalast der kaiserlichen Familie.
Cixi, Konkubine des Kaisers Yizhu und Mutter des späteren Kaisers Zaichen, hatte ihre Finger im Spiel, als dieser 1888 nach der Zerstörung durch englische Truppen wieder aufgebaut wurde. Diese Cixi ist eine ganz besondere Figur im zerfallenden chinesischen Kaiserreich des 19. Jahrhunderts. Sie verbrachte jedenfalls viel Zeit in diesem Sommerpalast, und wir wandelten zusammen mit Tausenden fröhlich lärmender Chinesen auf ihren Spuren beim Wandelgang am Kunming See.
Übrigens waren wir ja mit der Erwartung nach Peking gefahren, dort den Smog GAU anzutreffen. Stattdessen hatte es vor unserer Ankunft geschneit, und der Smog hatte sich in Schnee aufgelöst. Strahlender Sonnenschein erwartete uns sowohl im Sommerpalast als auch am nächsten Tag in der Verbotenen Stadt.
Das war wirklich ein Erlebnis, sich zusammen mit Tausenden von Chinesen über den Tian'Anmen Platz zum Tor des Himmlischen Friedens in die Verbotene Stadt hinein zu bewegen. Durchaus kam es vor,dass uns die Einheimischen ablichten wollten. Wir, die Langnasen, fühlten uns als Exoten, aber als gern gesehene Gäste.
Die Verbotene Stadt heißt so, weil niemand sie ohne kaiserliche Erlaubnis betreten durfte. Beim Himmlischen Tor gibt es einen Eingang, der allein dem Kaiser vorbehalten war. Innerhalb ihrer Mauern, völlig abgeschieden von der Welt, wohnte der Kaiser mit seinem Hofstaat, ca. 10000 Personen auf fast einem Quadratkilometer. Der letzte Kaiser Puyi residierte über den Tag seiner Abdankung hinaus bis 1924 in diesen Gemäuern.
Lange kann man durch die Gassen wandeln, Gebäude bestaunen, Kunstwerke betrachten und den Atem der Geschichte in diesen Mauern spüren. Am Ende hatte ich Mühe den Ausgang zu finden, so labyrinthisch erschienen mir die Wege.
Auch unsere nächste Station, der Himmelstempel, liegt in einem weitläufigen Park und muss erwandert werden. Am Abend dieses Tages hatte ich das Gefühl, alle von mir aufgestellten Laufrekorde des Jahres 2015 überboten zu haben.
Am Abend regnete es. In der Nacht ging der Regen in Schnee über, und ich spekulierte kurz darauf, dass unser Ausflug in die Berge, zur chinesischen Mauer, den Wetterverhältnissen zum Opfer fallen könnte. Doch nichts da, auch mit Sommerreifen kann man in die Berge fahren. Wenn man nicht im Stau stecken bleibt. Und Stau gab es eigentlich immer. Kein Wunder, hat sich doch die Anzahl von in Peking zugelassenen PKWs zwischen 2008 und 2011 von drei auf sechs Millionen verdoppelt. Damit konnte der Straßenbau nicht Schritt halten. Obwohl inzwischen die siebte Ringstraße gebaut wird, obwohl die Stadtautobahnen teilweise 12spurig (!) verlaufen, können sie diese Verkehrsmassen nicht mehr bewältigen. Also steht der durchschnittliche Verkehrsteilnehmer jeden Tag mehrere Stunden im Stau.
Wen wunderts, dass unter solchen Bedingungen SMOG entsteht. Zumal Peking im Kessel liegt, so wie Stuttgart, und Winde zum Abtransport des Drecks eher selten sind. Aber wir hatten Glück und es schneite. Und am letzten Tag unserer Reise könnten wir bei strahlendem Sonnenschein die Chinesische Mauer bewandern. Und wenn ich es schaffe, endlich auch ein paar Bilder auf den Blog zu laden, dann könnt ihr die ganze Reise auch noch in Farbe nacherleben.
Alles in allem, es waren wunderschöne Tage in China. Das Land hat mich beeindruckt in seiner Kraft und dem Willen, es nach oben zu schaffen. Die positive Energie ist vorhanden. Ich kann mir durchaus vorstellen, ein weiteres Mal nach China zu reisen.
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